Das Ziel des Projekts besteht darin, Depolarisationswellen im menschlichen Herzen zu modellieren, zu charakterisieren und numerisch zu approximieren. Dies beinhaltet die mathematische Modellierung von Herzrhythmusstörungen und deren Simulation mithilfe genauer und effizienter numerischer Methoden.
Depolarisationswellen im Herzen zeichnen sich durch eine Wellenfront aus, begingt durch den steilen Anstieg des Aktionspotentials. Das genaue räumlich-zeitliche Auflösen dieser feinen Struktur ist numerisch anspruchsvoll. Gängige Methoden zur Simulation sowohl gesunder als auch pathologischer kardialer Depolarisationswellenmuster auf Gewebeebene basieren auf den Bidomain- oder Monodomain-Gleichungen. Diese Methoden erfordern eine sehr feine Auflösung in Raum und Zeit, was ihre Verwendung sowohl rechenintensiv als auch zeitaufwendig machen. Unsere Forschungsgruppe hat ein Modell entwickelt, das die Monodomain- und Eikonal-Gleichungen zur Beschreibung der Elektrophysiologie des Herzens kombiniert und das Ziel hat, Simulationen chaotischer Reentry-Wellen in niedrig aufgelösten Gittern zu ermöglichen. Dieses "Diffusion-Reaction-Eikonal-Alternant-Model" (DREAM) ist vom Reaktions-Eikonal-Modell und der Methode des "Multi-Frontal Fast Marching" inspiriert. DREAM vereint die Stärken dieser beiden Ansätze und ermöglicht die Simulation von Fibrillationswellen. Bisher konnte DREAM erfolgreich Reentry in einfachen Konfigurationen hervorrufen. Dieses Projekt konzentriert sich auf die numerische Charakterisierung des vorgestellten Reaktions-Eikonal-Verfahrens zur präzisen Berechnung der Aktivierungszeiten in den Atrien. Die numerische Charakterisierung wird Konvergenz, Stabilität und Genauigkeit des Modells im Vergleich mit Simulationen des feinaufgelösten Modells untersuchen. Außerdem werden die betrachteten Simulationsszenarien schrittweise auf immer realistischere Betrachtungen erweitert.
Eine klinisch relevante Anwendung für diese elektrophysiologischen Simulationen ist die Erstellung individueller Patientenmodelle, sogenannter "digitale Zwillinge". Die Bestimmung relevanter Modellparameter für individuelle Patienten bleibt jedoch eine Herausforderung. Physics-Informed Neural Networks (PINNs) bieten einen vielversprechenden Ansatz, um solche inversen Parameteridentifikationsprobleme zu lösen. Daher werden wir an der Identifikation der räumlichen Verteilung klinisch relevanter Gewebeparameter im Herzen mithilfe von PINNs arbeiten. Die entwickelten Methoden könnten dann in einem Optimal Control Problem angewendet werden, um den Weg für die klinische Anwendung schmerzloser Overdrive-Schrittmachertherapie bei Vorhofflimmern zu ebnen.